Karl Bartos
was a member of Kraftwerk. From 1975 until 1991 he was drummer, percussionist and part-time songwriter of the pioneering and highly influential electronic music band from Düsseldorf. After his departure he set up Elektric Music, collaborated with Bernard Sumner and Johnny Marr as Electronic and recorded several solo albums.
«Help» von The Beatles, «My Generation» von The Who, Jimi Hendrix. Wir hatten das Glück, in einer Zeit gross zu werden, in der ein neuer Entwurf in der Gesellschaft passierte, und die Musik war ein Träger, auf dem das alles stattfand. Das war die Emotionalität, die uns Jugendliche in aller Welt verband. Dass damals die sogenannten Pop-Musik erfunden wurden, ein Diskurs entstand und so viele Menschen mitmischten, das hat mich geprägt und beschäftigt mich heute noch.
Musik, die mich wirklich ärgert und stört, ist Musik, die ich nicht beinflussen oder abstellen kann, ähnlich wie die Handys im öffentlichen Raum. Wenn ich zum Beispiel müde im Taxi sitze und der Fahrer hat volles Rohr irgendwelche Schlagermusik an. Und wenn ich dann sage: «Würden Sie’s bitte ausmachen?», ist er beleidigt. Ich möchte mir nicht anmassen, über die Vorlieben anderer zu urteilen, Musik sei jedem selber überlassen, das ist auch das Schöne an ihr – aber man kann ja zwischendurch auch mal abschalten.
Gibt es nicht, heutzutage findet man im Internet ja alles wieder. Hin und wieder höre ich noch Vinyl, aber bei meinen Referaten ist es einfach praktischer, mit mp3s zu arbeiten. Was mich mindestens so beschäftigt wie der Klang, ist die Dramaturgie eines Songs. Wie wird Spannung aufgebaut, wann kommt der Chorus etc.? Das kann man am besten am Computer mit einer Timeline studieren. Da wird es plötzlich greifbar, man kann in die einzelne Sekunde rein, Loops machen usw. Ich wünschte, ich hätte diese Möglichkeit schon früher gehabt. Wir mussten alles in Echtzeit transkribieren.
Eigentlich ist das sehr rheinisch-typisch. Es würde anders klingen, wenn Kraftwerk in Berlin oder München gelebt hätten. Das Rheinland ist ein Gebiet, das eine gewisse Leichtigkeit hat. Wenn Deutsche überhaupt in der Lage sind, so etwas zu empfinden, kommen sie garantiert aus dem Rheinland. Es gibt eine rheinische Art zu denken: «Lass mal fünfe grade sein.»
Das war «With The Beatles», die mein späterer Schwager vorbeibrachte. Ich bin im Rheinland gross geworden, und er war dort in den Sechzigern als englischer Soldat stationiert. Wir hatten einen kleinen mechanischen Plattenspieler mit eingebautem Lautsprecher, und ich kann mich genau erinnern, wie er diese Platte auflegte. Von diesem Moment an nahm mein Leben eine andere Richtung, ich war hypnotisiert von der Musik. Ich verstand die Texte nicht, aber wie diese Musik zu mir sprach, war erstaunlich. Noch heute, wenn ich diese Platte höre, habe ich dasselbe Gefühl. Das ist eines der grossen Geheimnisse der Musik, dass sie die Kunst der Artikulation der Zeit ist und mit diesen drei Ebenen spielt: Einmal das, was wir in der Vergangenheit gelernt haben. Dann der wirkliche Moment, in dem Musik im Hier und Jetzt passiert. Und gleichzeitig die Erwartungshaltung, was in der Zukunft sein wird.
1966, das war der heisseste Sommer der 60er-Jahre. Da gabs eine ganze Reihe von Tracks: The Lovin Spoonful mit «Summer In The City», The Beatles mit «Good Day Sunshine»... alle spielten in einer schönen Sonntagsnachmittags-Idylle mit Easy Living.
Das ist individuell. Aber der historisch wichtigste ist wohl «Autobahn». Alles, was danach kam, befindet sich bereits auf dieser Platte. Die Songstruktur ist da, die Einbindung der musique concrète, und es ist das erste Kraftwerk-Album, auf dem gesungen wurde. Die Lyrik der deutschen Sprache, das war damals das Allerschwierigste: eine Art zu finden, mit dieser schwierigen Sprache umzugehen. In den 20er-Jahren wurde das schon einmal sehr gut gemacht, aber dann haben die Nazis alles ausgemerzt.
Das interessiert mich nicht. Ein Klingelton ist wie eine Ampel. Ampeln sind nützlich: Wenn es rot ist, bleibt man stehen – aber mehr nicht. Ich weiss nicht mal, wie man den Klingelton ändert, das ist bei mir einfach so ein Buzz. Das Klingelton-Konzert im öffentlichen Raum ist akustischer Müll! Viel schlimmer aber noch sind die Gespräche, die man mitanhören muss. Besonders in der Bahn ist das nervig, wenn man etwa neben einem Geschäftsmann sitzt, der das Abteil zu seinem Büro erklärt. Ich mache das nie und schäme mich, jemanden teilhaben zu lassen an dem, was ich jetzt meiner Frau oder sonst jemandem zu sagen habe. Ich will doch niemanden mit meinen akustischen Informationen belästigen.
Das erste Mal mit Musik und Bild wurde ja schon in den 20er-Jahren durch Künstler wie Viking Eggeling oder Ruttmann gearbeitet, die 24 Bilder pro Sekunde bemalten. Wenn man das projizierte und mit Musik synchronisierte, fingen die gemometrischen Figuren an zu tanzen. Die ersten Videoclips als Vorläufer der MTV-Generation findet man wieder bei den Beatles, in Filmen wie «A Hard Day’s Night» von Richard Lester oder später in Fernsehclips wie «Penny Lane». Da wurde das Genre vor dem Hintergrund des Experimentalkinos der Sechziger von Regisseuren wirklich erfunden.
